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Kaum halbes Prozent der sächsischen Schülerschaft lernt Polnisch und Tschechisch – Nachbarsprache wichtiger nehmen!

17.05.2017

Im Rahmen der heutigen Landtagsdebatte über den Antrag der CDU/SPD-Koalition, „Stärkung der grenzüberschreitenden nachbarsprachigen Bildung“ weist Heiko Kosel, Mitglied der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag aus der Lausitz, auf die Realität hin: 

 

Der Spracherwerb des Nachbarn jenseits der Grenze hilft nicht nur, ihn im Wortsinne zu verstehen, sondern trägt auch dazu bei, Vorurteile, die nach wie vor in unsere Bevölkerung präsent sind, schon von Kindesbeinen an zu verhindern oder abzubauen. Den Menschen in Sachsen durch Mehrsprachigkeit den Wechsel in die Perspektive z. B . unserer polnischen und tschechischen Nachbarn zu ermöglichen, ist angesichts von vermeintlicher „Leitkultur“, Rechtspopulismus und nationalistischer Selbstüberhöhung eine bedeutsame politische Fähigkeit.

 

Gerade vor dieser politischen und auch verfassungsrechtlichen Bedeutung der grenzüberschreitenden nachbarsprachlichen Bildung ist es beschämend, dass sich nach mehr als 13 Jahren EU-Beitritt von Polen und Tschechien der Spracherwerb von Polnisch und Tschechisch auf sächsischer Seite nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau bewegt. Nach der mir zugänglichen Statistik lernen in Polen ca. 2,2 Millionen junge Leute die deutsche Sprache. In unserer Nachbarwojewodschaft Dolny Śląsk – unserem Freistaat nach Größe und Bevölkerungszahl in der Tendenz vergleichbar  - sind  etwa 300.000, während in der gesamten Bundesrepublik nur etwa 40.000 Menschen Polnisch lernen und in Sachsen 2.222 Schülerinnen und Schüler. 

 

Das stellt zwar bezogen auf die Daten von 2006 eine Verdopplung dar, aber entspricht andererseits nur ganzen 0,46 % aller sächsischen Schülerinnen und Schüler. Die Teilnehmerzahl beim Tschechisch-Unterricht ist nur unwesentlich größer. Aber zum Vergleich: In Tschechien nehmen nach Angeben des Goetheinstituts beachtliche 30 % der Schülerinnen und Schüler am Deutschunterricht teil.  Also stehen ca. 0,5% tschechisch lernenden Schülern in Sachsen etwa 30 % deutsch lernende Schüler in Tschechien gegenüber.

 

Es fällt mir vor dem Hintergrund dieser Zahlen kein vernünftiger Grund ein, warum sich der Freistaat erst zehn Jahre nach dem tschechischen und polnischen EU-Beitritt dazu entschloss, die sächsische Landesstelle für frühe nachbarsprachliche Bildung zu fördern. Geradezu zornig macht mich die Mitteilung der Staatsregierung, dass ebenfalls erst im Jahr 2014 mit einer erstmaligen systematischen Bestandsaufnahme zur frühen nachbarssprachlichen Bildung begonnen wurde. Ich hoffe, dass durch diesen Antrag ein verstärkter Anschub für die Etablierung  eines möglichst flächendeckenden Angebotes zum Nachbarschaftsspracherwerb erfolgt.

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